Zwölfter Tag: Samstag, 8.4.95

Logbucheintrag vom 8.4., 21:15, im Wohnzimmer

Der vergangene Tag war von der Landschaft her sicherlich der Höhepunkt unserer Reise. Von Kylesku aus fuhren wir über Scourie und Laxford Bridge bis hoch zum Kyle of Durness. Ab Mai kann man mit einem kleinen Motorboot über diese Bucht setzen und auf der anderen Seite entweder mit einem Bus oder mit einem gemieteten Fahrrad die 18 km bis zum Leuchtturm am Cape Wrath zurücklegen. Ein Leser merkte dazu folgendes an:

Der Fährmann, der in der Regel die Überfahrten nach Cape Wrath vornimmt, logiert abends immer im Hotel Cape Wrath. Was dieser Mensch an Whisky und Guinness verträgt, ist abenteuerlich. Aber, die Überfahrt beherrscht der im Schlaf. Mit dem abends einen (oder mehr) drums zu nehmen und seinen Geschichten zu lauschen ist toll. Im Cape Wrath Hotel nichts essen! Ist grauenhaft und sündhaft teuer.

Uns blieb nur ein Spaziergang vergönnt, was aber nicht weiter tragisch war, denn hier oben gibt es ja genug zu erleben: Wir fuhren ein paar Meter weiter bis nach Balnakeil, von wo aus man zu Fuß auf den "Faraid Head" laufen kann. Dort gibt es wunderschöne Sandstrände (das untenstehende hübsche Rätselbild habe ich da aufgenommen) auf der Westseite, zum Osten hin steile Klippen, in denen die Möwen zu Hunderten nisten. Vereinzelt kriegt man hier oben auch Papageientaucher (Puffins) zu sehen, eine putzige Seevogelart, die nur noch in Schottland und Teilen Skandinaviens heimisch ist.

Eine Anmerkung von 1997: Ich war auf Orkney, wo es diese Puffins in Massen gibt. Und sie sind wirklich absolut putzig, man kann ihnen stundenlang zusehen. Vorsicht, wenn man Kinder dabei hat, ist das bestimmt ziemlich nervig...

(Das Rätselbild)

Gleich um die Ecke ist das "Balnakeil Crafts Village", in dem ein Haufen Hippies seßhaft geworden sind und sich von interessierten Touristen bei der Arbeit zusehen lassen. Die beiden Damen gingen rein, während ich den Artikel über Umweltschutz in Schottland schrieb.

Allerdings scheint da zu dieser Jahreszeit noch nicht so viel abzugehen, und so besuchten die Damen noch die "Smoo Caves" kurz hinter Durness. Es handelt sich um eine drei Räume umfassende Höhle am Meer; der dritte Raum ist nur mit einem kleinen Boot zugänglich, alles in allem durchaus zu empfehlen. Am faszinierendsten finde ich immer, wie die Möwen in den kleinsten Felsspalten nisten, und bei den Smoo Caves gibt es ziemlich viele davon.

Auf der A838 umrundeten wir die Bucht Loch Eriboll und nahmen bei Hope die Mini-Straße bis nach Altnaharra; dort wurde unser Benzin knapp, und wir fürchteten fast, nicht mehr bis Lairg zu kommen, aber dann klappte es doch noch ganz gut, weil Claudia so energiesparend zu fahren versteht.

Wir haben den Nordosten Schottlands (John o´Groats usw.) ausgelassen, weil wir ihn schon vor zwei Jahren ausreichend erkundet haben; wer zum ersten Mal in Schottland ist, sollte den Abstecher auf jeden Fall machen - dazu ein paar Sachen, an die ich mich noch erinnere: Von Scrabster aus kann man Tagestouren auf die Orkney-Inseln unternehmen, mit Auto ist die Überfahrt allerdings recht teuer. Auf der Landzunge "Dunnet Head" gibt es ein ausgezeichnetes vegetarisches Restaurant (Dunnet Head Tea Room, wohl die nördlichste Gaststätte auf dem britischen Festland). Nun aber zurück zu unserer Route:

Zwischen Hope und Altnaharra kam uns ein Bus entgegen, was uns sehr wunderte, denn für Busse ist die Straße nun wirklich nicht geeignet - etwas später stießen wir auf die Reisegruppe, die er offenbar ausgeladen hatte, und die nun (was sonst nur Schafe tun) blöd auf der Straße herumstand oder -lief.

Wie ich schon sagte, war die Landschaft beeindruckend - wo sonst kann man am Sandstrand laufen und schon eine Viertelstunde später Hunderte von Metern über dem Meeresspiegel zwischen Bergen und Seen herumkurven? Die hochgelegenen Seen haben eine sehr schöne tiefblaue Farbe. Und wir haben Kühe gesehen, die am Strand stehend zwischen den Algen nach Leckerbissen suchten... Kühe und Meer, ist das nicht ein Fall für einen großen Reiseanbieter?

Ein Leser merkte an, vom Crask Inn (zwischen Altnaharra und Lairg) könne man eine tolle Wanderung in die (angeblich) einsamste Gegend Schottlands unternehmen. Das glaube ich gerne...

In Lairg suchten wir zunächst eine Unterkunft und fuhren dann die rund drei Meilen zu den "Shin Falls", recht kleine Wasserfälle, an denen man allerdings später im Jahr angeblich Lachse beobachten kann. (Ein Leser schrieb: "Ich war im August 98 an den Shin Falls: es gibt Lachse - und nicht wenige sogar!"). Außerdem gab es da einen netten 45-Minuten- Forestwalk (den wir, inzwischen trainiert, nach 25 Minuten hinter uns gebracht hatten). Da es erst 18:30 und noch nicht ansatzweise dunkel war, entschieden wir uns dann noch zu einem Kurztrip an die Ostküste und spazierten durch den Garten des Dunrobin Castle. Es ist das nördlichste Schloß der Highlands und liegt direkt am Meer. Meines Erachtens eines der schönsten in Schottland, und es heißt, innendrin gäbe es auch allerhand zu sehen - ich kenne es bisher nur von außen, und zu dieser Uhrzeit war es auch nicht offen.

Am Abend - Premiere in einer B&B-Unterkunft - brachte man uns noch Tee, Kuchen und Käse-Tomaten-Sandwiches. Genau richtig, um den Tag noch abzurunden. Wenn ich einen einzelnen unserer Reisetage wiederholen sollte, würde ich diesen wählen. Obwohl mir die Entscheidung nicht leicht fiele...


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  Frederik Ramm, 2001-04-28