immer noch Logbuch-Eintrag 31.3., 10:20, im Auto
Das Frühstück am nächsten Morgen war eine ziemliche Völlerei. Erst gab es Porridge, diesmal aber mit Salz (unser Gastwirt bei der ersten Übernachtung hatte ihn mit Zucker serviert und gewarnt, die echten Schotten nähmen allerdings Salz). Dann Ei (Rühr- oder gekocht, wobei das Rührei tendenziell immer etwas wabbelig und das gekochte immer steinhart ist, aber daran gewöhnt man sich); danach nach Wunsch Toast mit Marmelade, diverse Brötchen (die gar nicht allzu weich waren; Britannienkenner wissen, daß Brot wie bei uns hier undenkbar wäre, hier ist normalerweise alles so wie die Brötchen bei McDonald´s) und Cereals (also Cornflakes und Verwandte). Nachdem wir 1¼ Stunden gefrühstückt hatten, war mir fast schlecht. (Die lange Dauer der Mahlzeit war aber auch auf den Enkel der Hausherrin zurückzuführen, der uns mit Superman-Späßchen prima unterhalten hatte.) Wir beschlossen, eine weitere Nacht zu bleiben, ließen unser Gepäck im Zimmer und brachen auf.
Eigentlich wäre dies die Gegend, um auf dem allseits bekannten "Whisky Trail" zu wandeln und Destillerie nach Destillerie zu besuchen (und an der Verköstigung teilzuhaben). Gleich um die Ecke ist Schottlands bekannteste Destillerie, Glenfiddich (vgl. meinen Artikel über Whisky). Das Wetter ist jedoch so gut, daß wir uns entschlossen haben, eine Wanderung aus der Broschüre "Scotland Walking" (siehe Literaturhinweise) zu versuchen, und daher führt uns unser Weg zum ca. 35km südlich von hier liegenden Loch Muick, von wo wir "auf den Spuren von Prince Charles" zum Loch Nagar wandern können (der britische Thronfolger hat einmal mit großem Medienrummel ein Kinderbuch namens "Der alte Mann von Lochnagar" vorgestellt). So, jetzt muß ich aufhören, sonst wird mir übel von diesem Salz- Porridge. Nie wieder!
Logbuch-Eintrag 1.4., 21:25, im Bett
Lange her, der letzte Eintrag, aber alles der Reihe nach:
Die Wanderung war eine ziemliche Katastrophe. Es fing
damit an, daß wir auf dem Weg dorthin unfreiwillig
einen Hasen totfuhren. Die ersten Etappen der Wanderung
waren noch ok; die Wegbeschreibung liest sich wie der
Walk-Through zu einem Adventurespiel, und es ist schon was
anderes, als den vom örtlichen Wanderverein
beschrifteten Pfaden daheim zu folgen. Allerdings
hätten wir uns die geplante Route doch vorher genauer
ansehen sollen: 11 Meilen, für die man angeblich 6-7
Stunden braucht - über 20 Minuten pro Kilometer
sollten einen stutzig machen. Naja, so führte der
"Weg" über Stock und Stein, durch fast moorartigen
Grund und nach 755m (die Zahl lasen wir aber erst später
auf einer Infotafel) Höhenunterschied über eine Bergkuppe, von der man eine
herrliche Rundumsicht hatte.
Zuweilen beschlich uns
allerdings das Gefühl, dies könnte die letzte
Rundumsicht sein, die wir in unserem Leben genießen
würden, so stark war der Wind dort oben. Immer wieder
mußte man das eben zum Schritt gehobene Bein auf
einem anderen Stein absetzen, als eigentlich geplant war,
oder man versuchte verzweifelt, ostwärts zu gehen,
driftete aber immer nach Süden ab.
(Vollbild)
Der Abstieg war
nicht minder beschwerlich, erlöste uns aber zum
Glück vom Wind; später ging es noch durch einige
ebene Schneefelder, die nicht besonders groß,
dafür aber zuweilen von Fließgewässern
untergraben und so zu tückischen Fallen mutiert
waren.
Ein Wunder eigentlich, daß sich niemand bei
der Tour den Knöchel verstaucht hat und getragen
werden mußte. Hätte es auf dem Berggipfel zu
regnen angefangen (oder sogar zu schneien!), wer
weiß, wie wir da jemals wieder heruntergekommen
wären.
Nachdem wir erneut einige hundert Höhenmeter
zurückgelegt hatten, gab es wenigstens noch einen
tollen Wasserfall zu sehen (in der Wegbeschreibung stand
"watch out for an impressive little waterfall", aber das
Ding war ziemlich laut und mächtig, vielleicht wegen
der Schneeschmelze).
(Vollbild)
Am Loch Muick entlang, dessen gegenüberliegendes Felsufer ziemlich eindrucksvoll aussah, liefen wir langsam zurück zum Auto, und bis wir ankamen, waren sogar Schuhe und Hosenbeine wieder etwas getrocknet. Es war schon fast 18:00 Uhr, und wir kauften noch ein bißchen in Ballater ein (Ela: "ist mir alles egal, solange ich nicht aussteigen muß!"), bevor wir wieder heimfuhren. Wow, das war ein Tag - und dabei hatten wir eigentlich für den Rückweg noch eine Destillerie geplant...
Zuhause, d.h. in unserem zwei-Tage-Domizil in Dufftown, angekommen, genehmigte ich mir ein Bad, und ansonsten passierte an dem Abend nicht mehr viel.
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